Unbeherrschbare Grenze zwischen Frieden erhaltenden und Frieden erzwingenden Einsätzen

Gespeichert von Andreas Grosse… am So., 12.09.2010 - 10:28

Der Vortrag des Deutschen Brigadegenerals Jörg Vollmer faszinierte durch realitätsnahe Beschreibung des Auftrages und der damit verbundenen Einsätze im Norden Afghanistans. Ein Gebiet, das sich über von Dünen geprägter Wüstenlandschaft im Westen, über die Kornkammer Afghanistans im Raum Kundus bis zu 7‘000 Meter hohen Bergen im Hindukusch in der Provinz Badakhshan im Osten erstreckt.  Ein Gebiet halb so gross wie die Bundesrepublik Deutschland, ein Gegner der, keine Uniform tragend, nicht von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden ist. Ein Dutzend toter Soldaten und ein Vielfaches an Verwundeten aus Einsätzen in Batallionsstärke zu einem Zeitpunkt, als Europa davon überzeugt war, dass der Hauptauftrag der Truppen  im „relativ ruhigen“  Norden lautete, afghanische Sicherheitskräfte auszubilden.

Der stellvertretende Chef der Armee, Divisionär Eugen Hofmeister resümierte in eindrücklicher Weise die politischen Vorgaben, die Auslandeinsätze unserer Armee bestimmen und wies in diesem Zusammenhang auf die mehr als guten Dienste unserer Truppen im Kosovo und weiteren Einsatzgebieten hin. Dabei wurde nicht ausgelassen, dass die Schweiz bezogen auf die wirtschaftliche Leistung sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht am Schluss der Anstrengungen blockfreier und neutraler Staaten in Europa steht.

Dr. Peter Forster führte in gewohnt souveräner Manier durch die Podiums- und Publikumsdiskussion. Nach den Voten der Mitglieder der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates aller wichtigen Parteien (ausser Grüne: Geri Müller blieb nach erfolgter Zusage mutmasslich wegen zurückgewiesener Honorarforderungen dem Podium fern) resümierte er wie folgt: I am still confused but on a much higher level. Der aufmerksame Teilnehmer verspürte den immer dringender werdenden Wunsch, dass sich die Parteien in der Frage von Auslandeinsätzen speziell und in Fragen der Armeeaufträge generell nun endlich und schnell aufeinander zubewegen sollten. Dies nach doch mehr als einem Jahrzehnt durch den politischen Prozess kultivierter und damit bewusst in Kauf genommener Unklarheit.

Wie sagte der stellvertretende Chef der Armee, Divisionär Eugen Hofmeister richtigerweise: Die Armee führt aus was die Politik befiehlt. Wenn die Armee mit den Aufträgen inhaltlich und materiell nicht klar kommt, ist es an der Zeit, dass der Auftraggeber und damit Regierung und Parlament diesen Missstand beheben und konkrete Aufträge erteilen, die in Einklang mit den finanziellen Rahmenbedingungen stehen. Die Glaubwürdigkeit der Armee als sicherheitspolitisches Instrument und ultima ratio darf nicht weiter auf dem Altar parteitaktischer Manöver geopfert werden.

Der Anlass produzierte keine Lösungen – das wurde auch nicht erwartet. Er war aber wohl in der Lage, durch eindrückliche Vorträge die Herausforderungen von Auslandeinsätzen realitätsnahe zu beleuchten und die innerschweizerischen Probleme um Findung eines Konsens aufzuzeigen. Es ist zu hoffen, dass die Botschaft nicht ungehört verhallt.

Andreas Grossenbacher, Präsident OG Langenthal